Anfang Januar zur Dreikönigszeit besuchte eine Mutter mit ihrem Kind eine Gruppe in unserem Kindergarten.

Wenn ich meine Tochter Charlotte am Morgen kurz vor acht in den Kindergarten bringe, hängt an den meisten Garderobenhaken schon eine Jacke. Im Flur ist es heute so leise, dass man kaum glauben mag, dass im Gruppenraum bereits schon gut 15 Kinder sind. Nachdem wir uns umgezogen haben und im Gruppenraum die Kindergärtnerin und den Kindergärtner begrüßt haben, entscheidet sich meine Tochter sofort dafür, bei der Vorbereitung des Frühstücks zu helfen. Heute werden Brote geschmiert. (An anderen Tagen gilt es Gemüse oder Obst klein zu schneiden, Schrotbrötchen zu backen, je nach Wochentag.)
Während wir das Frühstück vorbereiten, spielen einige Kinder in der Puppenecke, bauen Lädchen auf, Spielen mit Tischen und Matratzen. An einem anderen Tisch nähen vor allem die werdenden Schulkinder Puppenbettchen und besticken sie emsig. Ab und an wird noch ein Kind von seiner Mutter oder dem Vater im Gruppenraum verabschiedet. Die meisten machen sich gleich zielstrebig „ans Werk“, andere brauchen noch ein wenig die Nähe des Kindergärtners/der Kindergärtnerin und halten sich also dort noch ein wenig auf.
Mit der Zeit gesellen sich fast alle zu den spielenden Kindern. Nach und nach wird so der gesamte Gruppenraum bespielt. Aus Tischen und Stühlen werden mit Tüchern Höhlen und Häuser gebaut, ein mit Muscheln bestücktes Lädchen entsteht, zwei mit Feenschleier verkleidete Mädchen kommen zum „Einkaufen“. Immer wieder entstehen neue Spielimpulse.
Gegen 9.15 Uhr erschöpft sich zusehends die Spielfähigkeit der Kinder und in der sich anschließenden Aufräumzeit werden die Höhlen zu Esstischen, die Puppenkinder werden in die Betten gelegt, „Laster“ (Körbe) fahren die Bauklötze wieder an ihren Platz. Gemeinsam mit den Kindern wird der Raum wieder in den Zustand versetzt, wie er von ihnen am Morgen vorgefunden wurde.
In diesem Freispiel und besonders während des Aufräumens ist es natürlich auch mal eng und laut geworden. Uns, meiner Tochter und mir, hat dies nicht gestört. Wir haben den stillen Anfang heute früh schon mitbekommen. Hier ist viel los. Es gab und gibt viel zu sehen, viel zu erleben, auch mal Tränen, auch mal Lautes, auch mal herzliches Gelächter. Da musste mal jemand standhalten, innehalten, seine Meinung vertreten oder etwas aushalten – sehr, sehr lehrreich.

Nun folgt das Dreikönigsspiel. Zu anderen Zeiten des Jahres treten an diese Stelle Lieder, Reigen und Handgestenspiele, in denen die Vorstellungskräfte der Kinder angesprochen werden.
Fast jedes Kind kann an diesem Tag eine Rolle im Dreikönigsspiel übernehmen. Da es keine Sprechrollen gibt, kann jedes Kind jede Rolle übernehmen. Die Kinder verkleiden sich mit Tüchern und kleinen Umhängen, tragen goldene und silberne Kronen. Besonders stolz sind die Jungen und Mädchen, wenn sie endlich an der Reihe sind, einmal in eine lang ersehnte Rolle zu schlüpfen. So will das eine Kind unbedingt der „grüne König“ sein, ein anderes wäre am liebsten der Sternenträger oder die Maria. Obwohl es schon Ende Januar ist und die Dreikönigszeit schon fortgeschritten, spielen alle Kinder konzentriert und mit einer gewissen Ernsthaftigkeit, ja, mit einer warmen Innigkeit.

Beim Dreikönigsspiel erleben die Kinder, wie die Hl. Drei Könige mit ihren Pagi dem Stern folgen, der ihnen den Weg zum Jesuskind zeigt. So übergibt jeder König, der dem Stern zur Jungfrau mit ihrem Kinde gefolgt ist, seine Opfergabe: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Nach dem Dreikönigsspiel wird das zuvor im Freispiel mit den Kindern zubereitete Frühstück gemeinsam eingenommen. Es ist wie in einer großen Familie: Jedes Kind hat einen eigenen Platz am Frühstückstisch und das Frühstück beginnt mit einem gemeinsamen Tischspruch, einem kleinen Gebet. Dann wird munter gevespert aber auch erzählt.

Im Anschluss gehen die Kinder in den Garten und können dort frei spielen, schaukeln, in Bäumen klettern. Häuschen, Sandkasten und ein im Baum befestigtes dickes Seil lädt die Kinder zur vielfältigen Beschäftigung ein. Heute aber ist ein sonniger Januarmorgen: Der Schnee ist noch da! Mit viel Spaß rutschen die Kinder den kleinen Hügel im Garten mit Rutschtellern nach unten. Hin und wieder rutschen auch die Kindergärtner mit. Für die Kinder ist dies dann natürlich ein Fest.

Als die Kinder ausgetobt und mit roten Wangen wieder ins Haus zurückkommen, erwartet sie im Gruppenraum schon der besondere Duft des warmen Bienenwachses. Mit duftend eingeölten Händen kneten die Kinder nun frei, ohne etwas Spezielles darstellen zu sollen, auf ihrem Holzbrettchen. Gerade an diesem kalten Vormittag ist das Bienenwachskneten
eine wahre Wohltat für die Hände.

Die Kinder genießen diesen Moment auch offensichtlich. Sie sitzen zusammen am Tisch, manche mit kleinen Gesprächen, andere Kinder aber sind so mit sich und dem Bienenwachs beschäftigt, dass sie mucksmäuschenstill formen und sich mit dem verbinden, was sie in ihren Händen halten und entstehen lassen möchten, weich und warm. Zwischendurch fängt ein Kind an „Schneeglöckchen, Weißröckchen“ oder „Kätzchen, ihr, der Weide“ zu singen. Die anderen Kinder nehmen dies Singen auf. Eine schöne Stimmung breitet sich aus.

So geht der Kindergartentag langsam zu Ende, die ersten Kinder werden nach einer gemeinsamen Verabschiedung abgeholt. Auch wir machen uns auf den Heimweg und ich freue mich schon auf den nächsten Tag, an dem ich meine Tochter wieder in den Raum bringen darf, dessen Geruch allein an Heimat und Wohlbefinden erinnert.

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